Dietmar Leissing: Gegen den Strom
Als Perspektivengeber Nummer eins nennt der pensionierte Jurist seinen Großvater: „Er hat mir in den 60er Jahren, einer Zeit der Verdrängung des Nationalsozialismus, immer wieder von den Gräueltaten der Nazis erzählt.“ Die persönlichen Erinnerungen seines Großvaters haben sich in dem Buben ebenso eingebrannt wie die Beharrlichkeit, mit der sein Opa darauf pochte, dass sich so etwas niemals wiederholen dürfe. „Er war die faszinierendste Person meiner Kindheit und Jugend – ein Vorbild, der mein Interesse für Politik weckte“, ist der Bregenzer vom nachhaltig prägenden Einfluss seines Großvaters überzeugt. „Er engagierte sich politisch, war zuerst bei den Sozialisten, dann bei den Linkssozialisten, was im erzkonservativen Ländle ja furchtbar war.“ Zudem sei er mit seinem antiautoritären Erziehungsstil seiner Zeit weit voraus gewesen. „Ich durfte alles – solange es mich oder andere nicht gefährdete.“ Vor allem habe er ihm Zeit geschenkt, sich um ihn gekümmert und ihm unzählige Geschichten erzählt. „Die hat er alle selbst erfunden. Mein Großvater steckte voller Ideenreichtum.“
Auch seine Mutter beeinflusste Dietmar Leissing richtungsweisend. Er beschreibt sie als „so offen und liberal wie mein Opa“. „Sie entsprach sicher nicht dem damals in Vorarlberg üblichen Bild einer Mutter. Meine Mama setzte viel Vertrauen in mich. Ich durfte zum Beispiel immer heimkommen, wann ich wollte. Ihrer Schlafqualität war das nicht unbedingt zuträglich. Ich war als Jugendlicher viel und lange unterwegs. Jahre später hat sie mir erzählt, dass sie erst wieder ruhig schlafen konnte, als ich in Innsbruck studierte.“ Ein Freigeist sei seine Mutter gewesen und in seiner Familie habe es „wenig Geheimnisse, dafür umso mehr vertrauensvolle Offenheit“ gegeben. „Wir hatten für kein Zimmer – außer fürs Klo – einen Schlüssel.“ Seine Mutter sei auch unkonventionelle Wege gegangen, beispielsweise zum FKK-Strand in Fußach, und habe mit ihrem ausgeprägten Gerechtigkeitssinn seinen Blick für soziale Ungleichheit geschärft. „Sie ermahnte mich regelmäßig, nicht mit dem Strom zu schwimmen und die Schwachen und Benachteiligten im Auge zu haben.“ Als Atheistin habe seine Mutter im katholisch-konservativen Ländle oft Ausgrenzung erlebt. „Sie wurde zum Beispiel als Mädchen von Kindergeburtstagen ausgeschlossen, was sie tief gekränkt haben muss, weil sie immer wieder davon erzählt hat.“
Nach einer Karriere als Versicherungsjurist ist Dietmar Leissing heute selbst Großvater und dafür bekannt, mit seinen fünf Enkelkindern im Schlepptau – allesamt Buben – unterwegs zu sein. Sein Herz und Einsatz gilt aber auch jungen Flüchtlingen und Kindern aus asylsuchenden Familien, die er über den Verein Vindex unterstützt. Kindern eine Perspektive zu geben, bedeutet für ihn, sie für vieles zu begeistern und ihnen bestmögliche Bildung zukommen zu lassen. „Nur so können Kinder zu unabhängigen und weltoffenen Erwachsenen reifen.“
Steckbrief Dietmar Leissing
Aufgewachsen in: Bregenz
Lebt heute in: Bregenz
Vorbild damals: sein Großvater
Vorbild heute: Bruno Kreisky
Traumberuf als Kind: Arzt
Beruf heute: Jurist in Pension
Lieblingsplatz damals: Känzele in Bregenz
Lieblingsplatz heute: Dachsfelsen am Pfänder, Wösterhorn in Lech
Perspektivengeber:innen: sein Großvater, seine Mutter
Als Kind bekannt für: Geschick im Ballspiel
Heute bekannt für: „mit den Enkeln – fünf Buben – unterwegs zu sein“
Werden Sie zu einem:r Perspektivengeber:in unter dem Motto „Kinder vor!“
Geben Sie den Kindern Vorarlbergs die Möglichkeit, ihre Zukunft mitzugestalten. Lassen Sie Ihren Worten Taten folgen. Ganz egal, ob es eigene Ideen oder laufende Projekte des Vorarlberger Kinderdorfs sind – wir freuen uns über Ihr Engagement. Die Geschichten, die daraus entstehen, werden unter „Perspektiven“ auf „Wir KINDER VORarlbergs“ veröffentlicht. Wir freuen uns, von Ihnen zu hören!
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