05/05/2010 – Vortrag: „Die Patchworkfamilie“
„Wertvolle Kinder“: Patchworkfamilien bergen ein hohes Konflikpotenzial, aber auch neue Chancen.
Monika Kiel-Hinrichsen brachte als Pädagogin und Therapeutin für ihren Vortrag im Rahmen der Reihe „Wertvolle Kinder“ einen reichen Erfahrungsschatz mit. Aber auch einiges an Lebenspraxis aus ihrer achtköpfigen Patchworkfamilie, der eine eigene Tochter, zwei Kinder ihres Mannes, zwei gemeinsame Kinder und ein Pflegekind angehören. „Patchworkfamilien halten wach“, so Kiel-Hinrichsen, „und jeder Tag bringt neue Herausforderungen.“ Umso mehr, da alle Protagonisten der neuen Familie Trennungsschmerz erfahren haben und diesen verarbeiten müssen. „Es braucht Verdauungszeit, um die Kinder und sich selbst an die neue Situation zu gewöhnen.“
Beziehung vor Erziehung
Der Patchworkfamilie fehlt die „gewachsene Beziehung“, wobei es jüngeren Kindern leichter falle, einen neuen Partner anzunehmen. „Beziehung geht vor Erziehung“, erläutert Kiel-Hinrichsen. „Ich muss mein Herz einem Kind öffnen, das nicht mein eigenes ist.“ Dabei gelte es vor allem eine Fähigkeit zu üben: Empathie. „Ich muss mich immer wieder in die anderen, die neue Situation hineinversetzen.“
Brennpunkt verschiedenster Herausforderungen
Die Patchworkfamilie ist Brennpunkt verschiedenster Herausforderungen: mit wenig Paarzeit auskommen, sich zurücknehmen, sich auf fremde Kinder einlassen und oft aufgrund der Familiengröße damit klar kommen, kein eigenes Einkommen mehr zu haben. Kiel-Hinrichsen appeliert für Frei- und Zeiträume als Paar, gemeinsames Reflektieren und Üben von Achtsamkeit, Ehrlichkeit, sich Zeit lassen.
Wahlverwandtschaft statt Blutsbande
Wesentlich für das Gelingen einer Patchworkfamilie ist laut Kiel-Hinrichsen vor allem auch, die Tür zu den abwesenden Elternteilen zu öffnen. „Wir müssen über unseren eigenen Schatten springen. Sonst sind die Kinder die Spannungsträger und in Loyalitätskonflikten.“ Die Pädagogin sieht in der Patchworkfamilie durchaus ein taugliches Zukunftsmodell: „Das Ich ist aufgehoben in der Gemeinschaft der Wahlverwandtschaften – damit passt die Patchworkfamilie wunderbar in unsere globalisierte Welt.“