Starkes Signal für Ausbau der Frühen Hilfen
5-Ländertagung von Netzwerk Familie als weiterer Meilenstein auf dem Weg zu mehr Chancengerechtigkeit für Kinder.
Es war eine rundum gelungene Premiere, die im Kulturhaus Dornbirn über die Bühne ging: Erstmals trafen sich bei einer 5-Ländertagung über 300 Fachpersonen unterschiedlichster Berufsgruppen, um sich über Frühe Hilfen auszutauschen. Die Frühe-Hilfen-Netzwerke dienen der bedarfsgerechten Unterstützung von belasteten Familien während der Schwangerschaft und den ersten Lebensjahren eines Kindes. Sie sind regional verankert, leicht erreichbar und für Familien auf freiwilliger Basis zugänglich.
Tragfähiges Netzwerk als Nährboden
Eine noch engere und bessere Vernetzung aller Angebote stand im Mittelpunkt der zweitägigen Veranstaltung in Dornbirn, die von Netzwerk Familie gemeinsam mit dem Nationalen Zentrum Frühe Hilfen Österreich organisiert wurde. Netzwerk Familie ist ein Angebot des Vorarlberger Kinderdorfs gemeinsam mit der aks gesundheit und den Vorarlberger Kinder- und Jugendärzten. Das zehnjährige Jubiläum von Netzwerk Familie setzte den Impuls für die Fachtagung. „Die Tagung ist ein Meilenstein zur Verwirklichung unserer Vision, allen Kindern ein gesundes Aufwachsen zu ermöglichen“, so Christine Rinner, Leiterin von Netzwerk Familie, und Mitbegründerin Alexandra Wucher. In seinen Eröffnungsworten unterstrich Christoph Hackspiel, Geschäftsführer des Vorarlberger Kinderdorfs, die Bedeutung von erweiterten Netzwerken zur Unterstützung von Familien. „Frühe Hilfen sind wahrscheinlich die sinn- und wirkungsvollste Maßnahme für die Lebensqualität von Familien und die Tragfähigkeit der Gesellschaft.“
Ressortdenken überwinden
In Vorarlberg sei schon früh klar gewesen, dass die Frühen Hilfen nicht im Projektstatus hängenbleiben, sondern dauerhaft und flächendeckend finanziert werden sollen. Dies betonte LR Katharina Wiesflecker, die sich für die Implementierung einer neuen Präventionskultur aussprach. „Es braucht verstärkt eine ressortübergreifende Zusammenarbeit.“
„Kinder können nichts dafür“
Die Soziallandesrätin sprach außerdem die Belastungen an, mit denen Familien in schwierigen Lebenssituationen zu kämpfen haben. „60 Prozent der Familien, die Frühe Hilfen in Anspruch nehmen, haben finanzielle Sorgen.“ Die Kürzungen der Mindestsicherung würden Armut und Überforderung verschärfen: „Kinder können nichts dafür, wenn ihre Eltern an der Armutsgrenze leben, arbeitslos, krank oder geflüchtet sind.“ Auf den besonderen Stellenwert, der Frühen Hilfen im Bemühen um gerechtere Bildungschancen für alle Kinder zukommt, verwies LR Barbara Schöbi-Fink. Es gelte, die Eltern zu stärken, um Kinder zu fördern.
Vorarlberg in Vorreiterrolle bestärkt
Der länderübergreifende Vergleich verdeutlichte die Vorreiterrolle, die Vorarlberg mit seinem Frühe-Hilfen-Modell und Netzwerk Familie zukommt. So bezeichnete Martin Hafen die Schweiz als diesbezügliches „Entwicklungsland“. Der Soziologe sieht die Frühen Hilfen als das wichtigste Präventionsfeld überhaupt. Er kritisierte die mangelnde Bereitschaft seitens der politisch Verantwortlichen in der Schweiz, die enorme Bedeutung dieser frühen Prävention anzuerkennen. Auch Christa Ladurner, die für Südtirol auf der Tagung vertreten war, hob die Vernetzung von Gesundheits- und Sozialbereich als „nicht selbstverständlich“ hervor. „Für Nachhaltigkeit braucht es die Politik“, stellte ebenso Christoph Jochum klar. Als Koordinator der Frühen Hilfen in Liechtenstein war er mit 50 Fachleuten angereist, um Impulse und Erfahrungen zur nachhaltigen Verankerung der Frühen Hilfen aufzugreifen.
SAFE – Sichere Ausbildung für Eltern
Wie Eltern beim Start mit ihrem Baby unterstützt werden können, darüber berichtete Bindungsexperte Karl Heinz Brisch im Anschluss an die Eröffnungsrunden. „Eine sichere Bindung zwischen Eltern und Kind ist eine großartige Grundlage für eine gesunde körperliche, psychische und soziale Entwicklung eines Kindes“, so Brisch, der die Ergebnisse einer Längsschnittstudie zum Präventionsprogramm SAFE präsentierte. „Wir sollten alles daran setzen, Eltern und Kinder bestmöglich zu unterstützen, damit dieser wichtige Entwicklungsschritt gelingen kann.“
Netzwerk Familie: Große Nachfrage
In Vorarlberg fanden bislang acht, von Netzwerk Familie durchgeführte SAFE-Gruppen statt. 153 Familien konnten durch das Elterntraining und entwicklungspsychologische Beratungen in ihrer Elternrolle gestärkt werden. Insgesamt wurden knapp 1500 Familien beim Start mit ihrem Baby von Netzwerk Familie begleitet. Derzeit betreut Netzwerk Familie Eltern bis zum dritten Lebensjahr eines Kindes. Entwicklungspotenzial sieht Christine Rinner vor allem, was die Unterstützung von Eltern mit Kindern über drei Jahren anbelangt. Dies zeige die große und stetig wachsende Nachfrage der vergangenen Jahre.
Infos & Kontakt: www.netzwerk-familie.at, T 05572/200 262, info@netzwerk-familie.at