„Wertvolle Kinder“-Vortrag: How the lights gets in
Bindung und Beziehung als Schutzfaktoren für Kinder
Sie ist Fachärztin für Kinder- und Jugendheilkunde und Psychotherapeutin, hat vier erwachsene Kinder und durfte sich jüngst über das vierte Enkelkind freuen. Ihre eigenen Kinder seien es auch, die Katharina Kruppa das größte Lernfeld für ihr berufliches Engagement boten. „Neben meinen Kindern habe ich von brüchigen Menschen am meisten gelernt. Von jenen Menschen, für die niemand da war oder die sehr destruktive Beziehungen erlebten, die es in ihrem Leben unglaublich schwer haben“, sagte die Wienerin im ersten Vortrag der Reihe „Wertvolle Kinder“ vor einem interessierten Publikum. Sehr praxisnah gab sie auf Einladung des Vorarlberger Kinderdorfs Einblick in ihre Arbeit und das von ihr initiierte und geleitete Projekt „Grow Together“, das sich Familien mit kleinen Kindern in schwierigsten Lebenslagen widmet.
Mehr Fokus auf die wertvollen Kinder
„Schauen wir mehr auf die wertvollen Kinder und alle, die sich darum bemühen, dass unsere Kleinen gut groß werden können“, fordert die Expertin. „Kinder, die emotional satt sind, entwickeln weniger Ängste. Sie sind mutiger, lebensfroher und viel eher bereit, für die Gesellschaft Verantwortung zu übernehmen.“ Von essenzieller Bedeutung sei auch, dass Kinder beim Großwerden Fehler machen und sich ausprobieren dürfen. Oft würden uns gerade die Brüche weiterbringen und das Leben hell machen. „Aber es braucht jemanden, der uns von klein auf dabei begleitet und unterstützt.“
Geborgenheit von Anfang an
Um gut aufwachsen zu können, sind Kinder von Anfang an auf eine Umgebung angewiesen, die ihnen Schutz und Geborgenheit gibt. Die Basis dafür sind liebevolle Bindungen und ein stabiles familiäres Umfeld. „Das ist oft nicht selbstverständlich“, betont die Expertin. „Eltern, die selbst Traumata wie Gewalt, Sucht oder Vernachlässigung erfahren haben, können ihren eigenen Kindern nur schwer den nötigen Halt geben.“ Oft komme dann die Kinder- und Jugendhilfe ins Spiel, womöglich stehe eine Trennung von Kleinkindern und Eltern im Raum. Genau hier setzt das Pilot-Projekt „Grow Together“ an. „Ziel ist es, dass die Familien zusammen wachsen und die Kinder sicher gebunden groß werden können“, so Kruppa. Denn um den Zeitpunkt der Geburt eines Kindes seien selbst in hoch belasteten Familien tiefgreifende, nachhaltige Veränderungen möglich. „Auch diese Familien haben die Chance auf ein geglücktes gemeinsames Leben, um ihren Kindern bestmögliche Gesundheits- und Entwicklungschancen zu bieten“, erklärte die systemische Familientherapeutin, die in diesem Zusammenhang festhielt: „Ich habe in meiner langjährigen Tätigkeit noch nie jemanden kennengelernt, der etwas Schlechtes für seine Kinder wollte.“
Der Schlüssel für Veränderung: Beziehung
Das Angebot „Grow Together“ setzt erfolgreich auf eine intensive bindungsorientierte Betreuung. „Wirkfaktor ist dabei die Beziehung zu der Betreuungsperson, die mit professioneller Nähe, Wertschätzung und Ressourcenorientierung nur für diese eine Familie da ist. Die Fachperson muss die Familie auch mögen, da der Schlüssel für Veränderung in der Beziehung liegt“, führte Katharina Kruppa aus. Das Angebot reicht von Hausbesuchen, Gruppenangeboten, Interaktionsförderung für die Eltern-Kind-Beziehung, Therapien für die Eltern bis zu einer liebevoll begleiteten Kindergruppe nach höchsten Qualitätskriterien mit einem Betreuungsschlüssel von maximal 1:3.
Gewinn für die Gesellschaft
Die Kinderärztin rechnete auch in Zahlen vor, wie lohnend die Investition in Hochrisikofamilien ist: „Jeder in das Projekt investierte Euro bringt der Gesellschaft laut einer Studie des NPO Instituts der WU Wien eine Ersparnis von rund 22 Euro.“ Das sogenannte „Social Parenting“ bezeichnet sie als Gebot der Stunde. „Wir sind als Gesellschaft für alle Kinder verantwortlich. Es braucht eben ein ganzes Dorf, um ein Kind zu erziehen – und viel mehr Unterstützung und Investitionen in die Kleinen, in Risikofamilien, in Frühe Hilfen.“
Mehr zum Projekt „Grow Together“
Die Reihe „Wertvolle Kinder“ des Vorarlberger Kinderdorfs wird in Kooperation mit Russmedia und dem ORF Vorarlberg durchgeführt und vom Land Vorarlberg – Fachbereich Jugend und Familie – unterstützt.
Lass dich inspirieren! Über 80 Vorträge können in unserer Mediathek angehört werden.
„How the lights gets in - Bindung und Beziehung als Schutzfaktoren
Vortrag von Dr.in med. Katharina Kruppa, FA für Kinder- und Jugendheilkunde, Psychotherapeutin (Systemische Einzel-, Paar-, Kinder- und Familientherapie), Ärztl. Leitung Baby-Care-Ambulanz, Preyersches Kinderspital, Initiatorin und Vorsitzende Verein „Grow Together“, Wien.