
Wertvolle Kinder-Vortrag: „Papa versteht mich! Die Rolle von Mentalisieren in der Elternschaft“
„Die Feinfühligkeit der Papas ist mehr als nur nice to have“
„Zuallererst und ganz zentral brauchen Kinder, damit sie sich gut entwickeln, elterliche Feinfühligkeit“, so die Psychologin, die am „Institut für Early Life Care“ in Salzburg forscht. „Das bedeutet, die kindlichen Signale wahrzunehmen, richtig zu interpretieren und adäquat zu reagieren, zum Beispiel durch Blickkontakt und Sprache“.
„Wir sind wie Taucher, die unter der Wasseroberfläche nach dem suchen, was wir von außen nicht beobachten können.“
Wichtige Voraussetzung für ein feinfühliges Miteinander ist die Fähigkeit zu mentalisieren. „Wir sind beim Mentalisieren wie Taucher, die unter der Wasseroberfläche nach dem suchen, was wir von außen nicht beobachten können – nach Motiven, Gefühlen und Absichten, die dem Verhalten zugrunde liegen“, erklärt die Bindungsforscherin, die auf Einladung des Vorarlberger Kinderdorfs in Vorarlberg gastierte. „Wenn uns das gelingt, dann fühlt sich das Kind verstanden und lernt, seine Gefühle zu benennen.“ Die gute Nachricht: Eltern unternehmen diese Tauchgänge mehr oder weniger automatisch. „Auch wenn man mit seinen Interpretationen nicht immer richtig liegt: Das Wichtige ist das Interesse, verstehen zu wollen, was im Kind vorgeht“, klärt Dinzinger auf.
„Der Einfluss der Väter auf die kindliche Entwicklung ist von Anfang an entscheidend.“
n Sachen Feinfühligkeit gibt es Unterschiede zwischen Vätern und Müttern. „Väter sind anders in der Interaktion mit ihren Kindern. Sie spielen anders mit ihrem Kind und unterstützen andere kindliche Fähigkeiten“, sagt die Expertin und bedauert, dass sich bis auf wenige Ausnahme alle Studien auf Mütter fokussieren. Dabei sei der Einfluss der Väter von Anfang an entscheidend. „Es macht einen großen Unterschied, ob ein Vater vorhanden und feinfühlig ist. Väterliche Feinfühligkeit ist nicht nur nice to have, sondern ein wichtiger Faktor für eine gesunde kindliche Entwicklung.“ Jüngste Forschungen zeigen, dass sie sich nachhaltig auf die Fähigkeit zur Selbst- und Gefühlsregulation, prosoziales Verhalten, Impulskontrolle und Sprachentwicklung des Nachwuchses auswirkt, aber auch auf das Empfinden und Regulieren von Stress. „Wer gut mentalisiert, schaltet in akuten Stresssituationen später auf Auto-Pilot und empfindet generell Situationen erst später als stressig.“
„Ich würde mir Angebote vor allem für Väter wünschen, um sie in ihrer Rolle zu stärken.“
Dinzinger plädiert für frühe Screenings, um zu checken, wie hoch die Mentalisierungsfähigkeit der Eltern ausgebildet ist. Diese hängt von der Verarbeitung und Integration eigener Beziehungserfahrungen ab. „Die Idee dahinter ist, dass eine sichere Bindung dazu führt, dass man als Erwachsener besser mentalisieren kann und deshalb auch feinfühliger ist – umgekehrt führt diese Feinfühligkeit wieder zum Aufbau einer sicheren Bindung zum Kind.“ Die Bindungsforscherin würde sich mehr Schulungen und Trainings für Mütter und vor allem auch für Väter wünschen, um sie in ihrer Rolle zu stärken. „Eltern können in solchen Programmen Kompetenzen und Fähigkeiten trainieren, um gute Eltern zu sein, auch wenn die Belastungen hoch sind.“
Papa versteht mich! Die Rolle von Mentalisieren in der Elternschaft
Den ganzen Vortrag von Dr.in Antonia Dinzinger,
Psychologin und Bindungsforscherin, Institut für Early Life Care der Paracelsus Medizinischen
Privatuniversität Salzburg gibt’s zum Nachhören in der Mediathek des Vorarlberger Kinderdorfs.

Die Reihe „Wertvolle Kinder“ des Vorarlberger Kinderdorfs wird in Kooperation mit Russmedia und dem ORF Vorarlberg durchgeführt und vom Land Vorarlberg – Fachbereich Jugend und Familie – unterstützt.

