Selmas Geschichte
Selma sitzt am Frühstückstisch und kaut zufrieden ihr Marmeladebrot. Selma ist sieben. Nicht immer haben ihre Tage so gut begonnen. Bei der Mama hat Selma morgens ihren kleinen Bruder Sahin geweckt, fürs Frühstück war meist nichts zuhause – überhaupt blieb der Kühlschrank immer öfter leer und Mama immer länger weg.
Seit sechs Monaten leben Selma und Sahin in einer Kinderdorffamilie im Kinderdorf Kronhalde, und Selma ist immer noch jeden Morgen ein wenig überrascht, dass ihr jemand das Frühstück macht. Als sie ins Kinderdorf Kronhalde kam, hatte sie einen Rucksack voller Angst, Unsicherheit und Trauer zu schleppen. Zu oft wurden sie und ihr Bruder von ihrer Mama alleine gelassen, wahllos und in immer kürzeren Abständen bei irgendwelchen Bekannten abgestellt. Selma glaubte, selbst an allem schuld zu sein. Was für die meisten Kinder in Vorarlberg selbstverständlich ist, ist für die Geschwister neu: ein gefüllter Kühlschrank, regelmäßige Mahlzeiten, miteinander spielen, jemand, der da ist und zuhört, eine Gutenachtgeschichte, Menschen, die zu ihnen stehen und die auch ihrer Mama einen festen Platz geben, zusammenhalten, eine Familie sein …